Bericht zur Lage im Kirchenbezirk
Abgegeben anlässlich der Tagung der Synode des
Kirchenbezirks Freiburg am Samstag, den 20. Oktober 2001
im Gemeindesaal der Melanchthongemeinde FR-Haslach

20.10.2001

Liebe Mitsynodale,
meine sehr geehrten Damen und Herren!


Die gegenwärtige Besorgnis der Menschen

zum dritten Mal nun also der Bericht des Dekans zur Lage im Kirchenbezirk. Dabei ist die Bewertung der Lage im Kirchenbezirk global betrachtet von weitaus geringerem Gewicht als die der politischen Weltlage. Der 11. September und die Folgen - insbesondere die schweren Bombardements in Afghanistan - belasten viele Menschen. Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass man über die schrecklichen Anschläge einfach zur normalen Tagesordnung übergehen kann. Auf der anderen Seite birgt die gegenwärtige Situation viel Grund für Besorgnis. Den Menschen, mit denen ich es zu tun habe, spüre ich das immer häufiger ab. Von daher kann ein Bericht zur Lage des Bezirkes an dieser veränderten Stimmung und der Besorgnis der Menschen nicht einfach vorbeigehen. Sprechen sie mutig und offen miteinander - das entlastet. Lassen sie auch die Gottesdienste zu einem Ort werden, an dem wir die Welt vor Gott ins Gebet nehmen. Das befreit dann auch zum mutigen Wort und zur friedensstiftenden Tat. Lähmung aus Angst und Sprachlosigkeit ist immer die schlechtere Alternative.

Rückblick 1: Bezirksstrukturreformen / Reformprozess Kirchengemeinde

An den Anfang will ich einen kurzen Rückblick auf den Stand der beiden Veränderungsprozesse im Kirchenbezirk geben. Zunächst der Blick auf den Bezirk. Bei unserer letzten Tagung hat es am Ende ein klares Votum für einen neuen Zuschnitt unserer Kirchenbezirke gegeben. Dies haben wir dann sowohl dem Evangelischen Oberkirchenrat sowie der Landessynode mitgeteilt. Zudem haben wir dem Bezirkskirchenrat Müllheim von unserem Beratungsergebnis berichtet.

Leider sind die Müllheimer in ihren Beratungen nicht zeitgleich mit uns vorgegangen, obwohl wir sie von Anfang an in unseren Prozess mit einbezogen haben. In den kommenden Wochen wird hoffentlich das von uns angestrebte gemeinsame Gespräch beider Bezirkskirchenräte erfolgen können. Es ist damit zu rechnen, dass das Müllheimer Votum sich gegen das unserer Synode ausspricht. Vor allem die Frage des Ortes des Dekanatssitz werden die Müllheimer kaum so mittragen. Am Ende wird es dann an der Weisheit der Landessynode liegen, welches Modell zum Zug kommt. Trotzdem bin ich sehr zuversichtlich: Gerade dem klaren Votum unserer Synode kommt im Blick auf eine endgültige Lösung großes Gewicht zu. Dies werden auch die Landessynodalen hoffentlich so recht zu würdigen verstehen.

In der Kirchengemeinde Freiburg hat die vom Kirchengemeinderat beschlossene Veränderung der Zahl der Pfarreien samt den Folgen für die Pfarreigrenzen teilweise zu heftigen Kontroversen geführt. Durch die Beratungen des Kirchengemeinderates am Freitag vor einer Woche ist klar: der eingeschlagene Weg ist so rechtmäßig und richtig gewesen. Und ich hoffe, dass diese Einsicht am Ende weitgehend die Oberhand gewinnen kann. Denn Umgestaltungen bringen den meisten Gewinn, wenn wir uns kosntruktiv mit ihnen auseinandersetzen und nicht nur an der Aufrechterhaltung des Status quo interessiert sind.

Wenn denn die bezirkliche Umgestaltung so in Kraft treten wird, wie wir sie hier beschlossen haben, wird sich der innerfreiburger Weg hin zu einer neuen Größe aus Kirchengemeinde und Kirchenbezirk weiter fortsetzen lassen. Für das neue Landdekanat hat es zumindest von unserer Seite aus auch schon erste Beratungen hinsichtlich der Ausgestaltung der neuen Leitungsstruktur gegeben. Die neue Synode wird dankbar sein, dass ihr die alte hier in so entscheidender Weise vorgearbeitet hat.


Rückblick 2: Bezirksvisitation

Nach mehr als 12 Jahren ist unser Kirchenbezirk durch die Kirchenleitung unter der Leitung von Landesbischof Fischer wieder visitiert worden. Da es sich eben um eine Visitation des Bezirks gehandelt hat, wurden die Gemeinden nicht so einbezogen, wie sie das von Gemeindevisitationen her gewohnt sind. Aber in drei Tagen war mehr als das, was wir der Kommission und dem Bezirkskirchenrat zugemutet haben, nicht unterzubringen. Neben einer Besichtigung der Solarfabrik und einem Empfang für die Öffentlichkeit wurden nicht zuletzt zahlreiche diakonische Einrichtungen besucht. Einmal mehr wurde das Gewicht der Diakonie im Verbund von Stadt, Land und freien Trägern deutlich. Hinzu kamen Begegnungen mit der Evangelischen Fachhochschule, evangelischen Unternehmern, Vertreterinnen und Vertretern der ACK-Kirchen sowie ein kultureller Abschluss mit den Schattenspringern am Samstagabend. Am Sonntag haben die Mitglieder der Visitationskommission dann in verschiedenen Gemeinden des Bezirks - paritätisch streng und gerecht aufgeteilt - gepredigt.

Ein wesentliches Ergebnis der Bezirksvisitation bilden sie sogenannten Zielvereinbarungen. Wesentliches aus diesen Zielvereinbarungen möchte ich ihnen jetzt kurz vorstellen.

Zielvereinbarungen

Rückblick 3: Eröffnung der Opferwoche der Diakonie

Ich sagte es bereits: Der Kirchenbezirk Freiburg ist ein diakonisch geprägter Bezirk. Und nach einigen Jahren wurde darum in Freiburg wieder landeskirchenweit die Opferwoche der Diakonie eröffnet. Dies war ein erneuter organisatorischer und inhaltlicher Kraftakt, nur wenige Wochen nach der Visitation. Höhepunkt des bunten Straußes von Veranstaltungen war der Dankesabend für die Ehrenamtlichen im Paulussaal: Mehrere hundert Menschen waren der Einladung gefolgt. Zwischen badischer Kultur und badischer Gastronomie blieb viel Raum für Begegnungen und Gespräche. Dieser Abend sollte Schule machen.

Anderes kam hinzu: eine große Sammelaktion in der Innenstadt, die das gute Image diakonischer Arbeit widerspiegelte. Eine diakonische Fachtagung in der evangelischen Fachhhochschule. Vor allem aber die Eröffnungsgottesdienst in jeder der drei Regionen unseres Kirchenbezirkes. Was den Verantwortlichen viel an Einsatz und Energie abverlangt hat, hat sich am Ende gelohnt. Wir haben in unterschiedlicher Weise die gute Arbeit wahrnehmen und präsentieren können, die hier im Kirchenbezirk getan wird.

Erlauben Sie mir noch eine kleine Zwischenbemerkung zum Thema Diakonie. Ich habe inzwischen sehr viel an Einblick in die Arbeit unserer beiden Diakonischen Werke und ihrer Vereine gewonnen. Ich sehe, in welchen Unwegsamkeiten sie ihre Arbeit zu gestalten haben. Zugesagte Fördermittel, die ausbleiben. Mögliche Fördermittel, die irgendwann in ein oder zwei Jahren dann doch kommen. Geänderte staatliche Rahmenbedingungen, die mit voller Wucht auf die Arbeit durchschlagen. In diesem Geflecht gestalten unsere Geschäftsführer mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihre Arbeit. Und wer sich kundig macht, weiß, in welch kreativer Weise sie das tun.

Wir haben als Kirche die verfasste Diakonie und die großen diakonischen Einrichtungen längst auf den freien Markt entlassen. Sie haben sich zu bewähren im Konkurrenzkampf verschiedenster Anbieter. Und sie sind dabei in Entscheidungsstrukturen eingebettet, die die Arbeit gewiss nicht leichter machen. Ich bin gespannt, wie lange diese gemeinsame kirchlich-diakonische UNternehmen unter den sich immer mehr verschärfenden Bedingungen überhaupt noch funktioniert. Vielleicht müssen wir der Diakonie schon bald wesentlich größere strukturelle Freiheiten zugestehen, um ihr Überleben zu sichern.

Wichtig ist mit, auch an dieser Stelle zu sagen: Wir wissen oft gar nicht, was wir unseren diakonischen Werken mit ihren Vereinen verdanken. An wichtiger Arbeit für die Menschen. Und an Image-Gewinn für die evangelische Kirche. Ich möchte jedenfalls an dieser Stelle allen, die in unseren diakonischen Einrichtungen arbeiten, ein herzliches Dankeschön sagen.

Ausblick 1: Die ökumenische Dekade zur Überwindung von Gewalt

Kein Rückblick ohne Ausblick. Stellvertretend für anderes möchte ich zwei Projekten Raum geben, die für die Arbeit im Kirchenbezirk, in der Landeskirche und darüber hinaus von großem Gewicht sind.

Im Frühjahr dieses Jahres wurde in Offenburg für unsere Landeskirche die ökumenische Dekade zur Überwindung von Gewalt eröffnet. Eine kleine Friedenslinde, die der Bezirk damals überreicht bekam, wurzelt längst vor den Toren der Auferstehungskirche. Was es weiter zu dieser ökumenischen Dekade zur Überwindung von Gewalt zu sagen gibt, welche Hoffnungen und welche Projekte damit auch bei uns verbunden sind, dazu werden jetzt Frau Schäfer, Pfarrerin in der Ludwigsgemeinde in Freiburg, und Dietrich Becker-Hinrichs, Pfarrer in der Gemeinde March-Hochdorf Erhellendes und Erläuterndes beitragen und vorstellen.

Vorstellung der ökumenischen Dekade


Ausblick 2: Die Aktion "1+1"

Auf einen anderen Aspekt kirchlicher Arbeit - auf ein gesamtgesellschaftliches Problem von höchsten Rang - möchte ein anderes Projekt hinweisen, das ebenfalls dabei ist, sich in unserem Bezirk einzuwurzeln. Ich spreche von der Aktion "1+1": Herr Kaiser vom Arbeitslosentreff Goethe 2 wird uns vorstellen, was im Kirchenbezirk geplant ist.

Vorstellung von "1+1"


Weitere Arbeitsfelder, Themen, Projekte


Soweit diese beiden Projekte. Weiteres von Gewicht wäre nachzutragen und ist hier zumindest zu nennen.
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  • Im Schuldekanat hat es einen Wechsel gegeben. Nach 24 Jahren ging Karl-Heinz Schirmer in den Ruhstand. Inzwischen ist der Wechsel längst vollzogen. Sie, lieber Herr Jeub, sind von ihren neuen Amtspflichten bereits so vereinnahmt, dass sie wahrscheinlich selber kaum glauben, dass sie ihre neue Aufgabe zumindest offizielle gerade ein knappes Vierteljahr wahrnehmen.

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  • Das neue Jahr bringt ein neues Großereignis in den Kirchenbezirk. Vom 5.-7. Juli 2002 findet in Ihringen das Gustav-Adolf-Fest statt. Es gibt eine ganze Reihe von Gemeinden in unserem Kirchenbezirk, die dem Gustav-Adolf-Werk viel zu verdanken haben, nicht zuletzt auch beim Bau von Kirchen.

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  • Unser Bezirksmagazin profile kann nun schon auf zwei Jahre des Erscheinens zurückblicken. Immer mehr zeigt sich: Die Entscheidung für profile war eine gute Entscheidung. Mittlerweile hat sich auch die Diakonie diesem Projekt angeschlossen. Erwachsenenbildung und Bezirkskatorat waren ja gleichsam die ersten tragenden Säulen dieses Vorhabens.

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  • Am Buß- und Bettag wird der Landesbischof Herrn Prof. Büsing hier in Freiburg einen Kirchenmusikpreis der vier großen baden-württembergischen Kirchen verleihen. Dazu wird ein Auftragswerk von Prof. Büsing, der an der Staatlichen Muskikhochschule als Kompositionslehrer arbeitet, uraufgeführt. Näheres lesen sie bitte in profile nach.

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  • Nicht zu vergessen: Am Mittwoch in einer Woche ist der Gedenktag der Reformation. Der bezirkliche Gottesdienst dazu findet am 3. Oktober um 20 Uhr in der Ludwigskirche statt. Die Predigt wird Frau Prälatin Arnold halten.

  • Ich möchte aber meinen Bericht nicht beenden, ohne ihnen für die Arbeit in dieser Synode von Herzen zu danken. Ihnen allen, die sie sich diese Arbeit zugemutet haben; sie sich haben zumuten lassen. Ihnen, die sie immer wieder neu Papiere gewälzt, Haushalte beschossen und vielerlei Themen beraten haben. Ein Dankeschön dem Vorsitzenden, Herrn Dr. Heidland, für die Wahrnehmung dieses gewiss nicht immer leichten Amtes. Ein Dankeschön den Gemeinden mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die uns immer wieder so gastfreundlich eingeladen und versorgt haben. Ein Dankeschön an Frau Fischer, die im Dekanat immer wieder mit den Vorbereitungen und während der Synodentagungen mit vielen Diensten der Synode zugearbeitet hat. Ein letztes Dankeschön ihnen als Synode für das Vertrauen, das sie mir mit ihrem Vertrauensvorschuss bei der Dekanswahl bewiesen haben.

    Längst habe ich die Grenzen und Chancen dieses Amtes kennengelernt; seine unglaublichen Gestaltungsmöglichkeiten, aber genauso seine manchmal nicht mehr zu bewältigende Überforderung. Der zweite Teil des Liedverses, den wir vorhin gesungen haben, könnte für mich genauso wie für sie alle ein tragfähiges Fundament bei der Bewältigung unserer vielen Aufaben abgeben:

      "Es ist ja doch kein andrer nicht,
      der für uns könnte streiten
      als du unser Gott alleine!"

    In diesem Glauben gilt es, verbunden zu bleiben. Ich danke ihnen.
Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.