Ansprache anlässlich des Empfangs zur Verabschiedung von
Schuldekan Karl-Heinz Schirmer
am Sonntag, den 1. Juli 2001
im Gemeindesaal der Christuskirche in Freiburg

01.07.2001


Sehr geehrter Damen und Herren,

ganz herzlich heiße ich sie alle willkommen hier im Gemeindesaal der Christuskirche. Insbesondere begrüße ich in unserer Mitte den für den Religionsunterricht zuständigen Referenten der Kirchenleitung, Herrn Oberkirchenrat Dr. Trensky. Ich freue mich außerordentlich darüber, unter uns auch die Präsidentin des Oberschulamtes, Frau Stürmlinger begüßen zu können. Ebenso herzlich begrüße ich alle Damen und Herren Schulleiterinnen und Schulleiter, seien sie Rektor, Direktor oder Konrektor. Mein Gruß gilt weiter den zahlreichen Kolleginnen und Kollegen aus dem Schuldienst in kirchlicher oder staatlicher Anbindung; mit oder ohne Vocatio. Ebenso alle weiteren Gäste, die sich Ihretwegen, lieber Herr Schirmer, heute in so großer Zahl hier eingefunden haben.

Nach dem beeindruckende Gottesdienst, den wir eben miteinander gefeiert haben, nun dieser Empfang - gleichsam das weltliches Standbein ihrer Verabschiedung, auch wenn wir in einem kirchlichen Saal Gastfreundschaft genießen. Ein Ort der Begegnung soll dieser Empfang noch einmal sein - der Begegnung untereinander. Vor allem aber der Begegnung mit Ihnen, lieber Herr Schirmer. Mühsam haben wir die Zahl der Grußworte im Zaum gehalten. Die wenigen, die dennoch zugelassen sind, sprechen gleichsam exemplarisch für viele andere, die ebenfalls gute Gedanken für sie hegen und ihnen dies dann persönlich oder in schriftlicher Form übermitteln.

Ganz am Anfang will ich selber einige Worte des Abschieds und des Dankes an Sie richten. Ich tue dies ganz persönlich. Aber auch im Namen des Bezirkskirchenrates und des Kirchenbezirkes.

Nicht nur einer - nein gleich drei Dekane könnten heute als Kollegen zu ihnen sprechen, lieber Herr Schirmer. Und meine beiden Vorgänger haben weitaus länger mit ihnen zusammengearbeitet, lieber Herr Schirmer, als ich, nach Alter und Dienstjahren der Jüngste in dieser Runde. Viele Schuldekane aus den Nachbarbezirken könnten ihnen heute Grüße zum Abschied überbringen. Es ist erstaunlich und eine erst einmal zu bewältigende Erfahrung, wie viele Menschen sie in ihren Freiburger Dienstjahren haben kommen und gehen sehen. Manchmal müssen sie sich wie ein Dinosaurier gefühlt haben, wobei vom Aussterben immer die anderen betroffen war. Sie waren die Kontinuität, der Fels in der Brandung!

Vor 24 Jahren - wir haben es schon gehört - sind sie hier in Freiburg im vergleichsweise jungen Alter von 37 Jahren Schuldekan geworden. Ich war damals gerade Zivildienstleistender in der hiesigen Luthergemeinde. Und natürlich hat mich die Botschaft von der Berufung des neuen Schuldekans Karl-Heinz Schirmer auch erreicht. Keinen Anlass gab es damals, daran zu denken, dass sie diese Stelle bis heute ausüben würden. Schon gar keinen Anlass hätte es damals für mich gegeben, daran zu denken, dass ich einmal Worte des Abschieds anlässlich Ihres Ausscheidens aus dem aktiven Dienst an sie zu richten hätte. Meine eigenen beruflichen Pläne gingen damals noch lange nicht zur Theologie.

Nun sind sie, lieber Herr Schirmer, über einen Zeitraum von fast einem Vierteljahrhundert Schuldekan im Kirchenbezirk Freiburg gewesen. Und zumindest rein rechtlich sind sie es noch für einen Monat. Nein, eigentlich können wir uns den Kirchenbezirk ohne sie überhaupt noch nicht vorstellen. Sie haben als Schuldekan den größten Bezirk zu leiten gehabt. Was das für sie bedeutet hat: an Arbeit, an verschiedenen Menschen, an Änderungen der lehr- bzw. Bildungspläne, an Konzeptionen, an Veränderungen im Verständnis des Religionsunterrichtes, aber auch an gefahrenen Kilometern, an Briefwechseln und Telefonaten, an ärgerlichen Kollegen und ärgerlichen Schulleitern, aber hoffentlich auch an beglückenden Begegnungen mit Schülerinnen und Schülern und Kolleginnen und Kollegen - wir können es bestenfalls ahnen. Wissen können das nur sie und ihre Frau! Was ihnen in all diesen Jahren auch aufgebürdet und zugemutet wurde - was ihnen bleibt an inneren Schätzen - vermutlich wird es erst der Abstand so recht ans Licht bringen.

Dass sie nun gar nicht hier bleiben, sondern in die neue Metropole Berlin ziehen, zeigt, dass sie sich in all dem Trubel der Veränderungen eine wichtige Eigenschaft für einen Pädagogen bewahrt haben: eine gesunde Neugier und Lust auf Neues.

Dabei sind sie dem Bewährten durchaus treu geblieben. Ja, in gewissem Sinn haben sie davon gelebt und dafür geworben, die Konstanten im Wechsel zu entdecken. Diese Konstanten haben sie nicht zuletzt in ihrer Frömmigkeit, ihrer eigenen Weise, Gott zu dienen, gefunden und bewahrt - für sie in all dem Trubel vermutlich die einzig wirksame Überlebensstrategie.

Ein Schuldekan ist aber nicht ausschließlich auf den Bereich des Religionsunterrichtes konzentriert. Als Mitglied im Bezirkskirchenrat sind sie immer und engagiert mit allen Leitungsfragen im Kirchenbezirk befasst gewesen. Visitationen gehörten ebenso wie die Mitarbeit bei den verschiedensten kirchlichen Projekten und Anlässen. Aus der Retrospektive kann man eigentlich nur sagen: Zu oft und auf‚s ganze gesehen, wurde ihnen eigentlich zu viel zugemutet und ihr Körper hat‚s ihnen - wie hoffentlich auch wohlmeinende Menschen - zuletzt deutlich signalisiert.

24 Jahre Schuldekan im Kirchenbezirk Freiburg - das ist genauso eine Zeit des Erlebens der bereichernden Vielfalt dieser kirchlich wie landschaftlich so reichen Region wie es auch eine zeit der Blessuren, Verletzungen und Überforderungen war. Umso dankbar bin ich mit vielen anderen, dass sie diese Zeit mit ihrer Kraft, vielmehr aber doch auch mit Gottes Hilfe nicht nur bewältigt, sondern auch mitgestaltet haben. Und das in de ihnen eigenen Klarheit der Position. Für all das sind wir ihnen zu einem großen und ehrlichen Dankeschön verpflichtet!

Lassen sie mich zum Schluss aber auch noch ein persönliches Wort des Dankes hinzufügen. Und dies weder aus Takt noch aus Berechnung. Sie haben mich, den soviel jüngeren Kollegen mit offenen Armen empfangen. Mehr als einmal haben wir in ihrem Besprechungszimmer miteinander über Gott und die Welt sowie die Kirchen und den Kirchenbezirk gesprochen. Ihre Erfahrungen und Einsichten waren für mich von unschätzbarem Wert. Wievieles kann die Eintags- oder doch jetzt schon Dreijahresfliege vom Ekklesio-Dinosaurier lernen - sogar über den Reiz und die Stärken von Prodekanen.

Insbesondere waren sie für mich ein überaus anregender theologischer Gesprächspartner. Sie haben mich mit Informationen und Anregungen versorgt und mich immer wieder mit ihrer Liebe zu den Schätzen der kirchlichen Tradition - und ich meine das jetzt ausdrücklich positiv - anzustecken versucht und womöglich auch angesteckt. Verfolgen Sie‚s mit wachsamem Auge! Dass ich ihnen gegenüber dabei immer wieder unser protestantisches Erbe hochgehalten habe, hat manchen freundschaftlichen Disput hervorgerufen. Ich erinnere nur an den Vortrag bei der Pfarrkonferenz über die vatikanische Erklärung Dominus Iesus.

Betrachten sie‚s gerne als Kompliment, wenn ich ihnen zum Abschied sage: In all ihrer ökumenischen Aufgeschlossenheit sind auch sie unübersehbar Protestant geblieben. Ob sie das gerne hören oder nicht.

Ein letztes bleibt offen: der sichtbare Ausdruck unseres Dankes in Form eines Geschenkes. Was schenkt man einem Menschen mitten im Umzug, wo er dann nur noch mehr zu packen hat. Ich stehe zwar mit leeren Händen da, aber doch nicht ohne die Ankündigung dessen, was sie erst in absehbarer Zeit erreichen wird. Und nicht nur der Kirchenbezirk, sondern die ganze Zahl seienr Gemeinden haben sich bereit erklärt, mit eigenen Mitteln die Geschenkidee zu unterstützen.

Wir alle kennen ihre Liebe zu Ikonen. Nicht zuletzt dank ihres Einsatzes als Vorsitzender der AG Ostkirchen und mit Mittel einer Bezirkskollekte hat die Kirche Maria-Schutz einen ganzen Ikonenzyklus (eine Ikonostase) erhalten. Gabriel Ibiescu, der rumänische Ikonenmaler, freut sich darauf, Ihnen eine Ikone zu malen, deren Motiv und Größe wir miteinander absprechen. In ihrer neuen Wohnung soll sie sie an ihren alten Kirchenbezirk erinnern. Vielmehr noch an den, der hier und dort mit ihnen geht und sie leben lässt unter einem Schutz. Da ist zwischen Freiburg, Emmendingen und Berlin keinerlei Unterschied.

Noch einmal: Herzlichen Dank und Gott befohlen.


Frau Präsidentin Stürmlinger
Herr Pfarrer Hans.Georg Dietrich
Herr Schuldedan Eike Schubert / Sprecher der Schuldekane
Herr Schuldekan Waldemar Matuschek
Herr Schuldekan Spieß
Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.