Einführung von Dirk Schmid-Hornisch
als Pfarrer der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde
am Sonntag, den 30. März 2003 (Laetare)

30.03.2003
Lieber Herr Schmid-Hornisch,

irgendwann muss es ihnen aufgegangen sein: Die Pfarrstelle dieser Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde ist eine ganz besondere. Eine berufliche Herausforderung allemal. Aber zugleich auch ein Ort, wo es sich lohnt, Pfarrer zu sein. Wo die Pfarrei fest im Stadtteil und bei den Menschen verankert ist. Wo man nicht residiert, sondern mitlebt. Jetzt sind die Würfel aber ohnedies allemal gefallen. Seit dem 1. März sind sie als Mitglied des hiesigen Gruppenamtes, in dem ja noch Herr Stahlberg mitarbeitet, Pfarrer dieses Gemeinde.

Die Worte der Urkunde, die wir eben gehört haben, sind das eine. Die gottesdienstliche Feier ihrer Einführung ein anderes. Und genau dies wollen wir heute auch miteinander tun. Öffentlich machen und miteinander feiern, dass sie da sind. Und ich will gleich hinzufügen. Es ist gut, dass sie da sind! Für mich ist die Einführung eines neuen Pfarrers ja nicht einfach das Abhaken einer Vakanz im bezirklichen Stellenplan.

Mit ihnen kommt ein Kollege mit individuellen Gaben, mit Vorlieben und Vorerfahrungen, mit Erwartungen und gewiss auch mit Visionen – mit Visionen im Blick auf das, was sie sich für die Kirche und für diese Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde wünschen. Mit Visionen aber auch im Blick auf ihren Beruf und die damit verbundenen Möglichkeiten.

Beruf Pfarrer. Lebensraum Gemeinde. Weder das eine noch das andere ist ein Auslaufmodell. Im Gegenteil. Die aktuelle Situation beweist dies einmal mehr. Kirche ist gefragt. Ob sie das immer merkt. Und ob sie auch den Mut hat zu den richtigen und angemessenen Antworten, das steht auf einem anderen Blatt.

Kirche ist gefragt, wenn dieser Krieg im Irak Tag für Tag neue Opfer fordert. Wenn neuer Hass gesät wird. Wenn die Hoffnung, wir hätten gelernt, dass ein Neuanfang nicht auf Gewalt beruht, wieder einmal so kläglich gescheitert ist. Um Orientierung geht es. Um aufdeckende und wegweisende Worte. Um Worte auch der Ermutigung und des Trostes. Um Antworten auf die alte Frage des Warum. Warum hat dieser Krieg sein müssen? Dieser Tod? Diese Niederlage? Warum diese verschlossene Tür.

Die Ursachen für die Fragen nach hilfreicher Orientierung liegen allerdings sehr wohl auch hier vor Ort. Der deutliche Schwerpunkt auf dem Feld der Diakonie ist ja im Grunde auch eine Antwort auf die Frage nach der Solidarität, der Menschenwürde und der sozialen Gerechtigkeit. Auf dem Feld der Diakonie ist die Kirche bei ihrem ureigensten Thema. Und nicht auf irgend einem Nebenschauplatz.

Ein drittes Thema, bei dem Orientierung und sichtbare Zeichen herbeigesehnt werden, ist die Ökumene. Sie dürfen hier hinter den Stand des Ereichten nicht mehr zurück. Wir können auch nicht gemeinsam Kirchentag feiern unter dem Thema: „Ihr sollt ein Segen sein“, um dieses Wort dann einzuengen, indem wir voneinander abgeschottete Segensgemeinschaften bilden.

Ich bin sehr froh, dass sie, lieber Herr Schmid-Hornisch hier in ein Orientierungs- und Segennetz eingeknüpft werden. Mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Haupt- und ehrenamtlich. Mit Menschen, die ihrer Kirche mit großer Hoffnung zugetan sind. Und die in ihnen einen Sachwalter dieser Hoffnungen sehen.

Zwei Bibelworte sollen sie auf diesem Weg als neuer Pfarrer der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde begleiten. Das eine habe ich eben schon genannt, das Motto des ökumenischen Kirchentages, des großen in Berlin und des nicht ganz so großen hier in Freiburg:

„Ihr sollt ein Segen sein.“

Die ersten Zeichen sind entdeckt. Die ersten Spuren gesetzt.

Das andere biblische Motto steht im 52. Kapitel des Jesajabuches, gleichsam eine Charakteristik derer, die die gute Nachricht weiterzusagen haben. Da heißt es:

Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkünden, Gutes predigen, Schalom-Heil ansagen; die den Menschen zurufen: Euer Gott ist König!

Mit diesen beiden biblischen Zusprüchen sollten sie die Zeit als Pfarrer hier in Weingarten, hier in der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde als gewinnbringende Zeit erleben. Die erste Pfarrstelle ist immer auch die Zeit der ersten beruflichen Liebe. In persönlicher Hinsicht sind sie da ja gut versorgt.

Aber die erste Stelle ist die, die geprägt ist vom Enthusiasmus des Anfangs, der Lust zum Experiment in Versuch und Irrtum. Sie legt das Fundament, auf dem sie beruflich weiterbauen. Was müssten wir alle ihnen heute mehr wünschen als diese lieblichen Füße derer, die den Frieden anzukündigen und die Gutes im Sinn haben.

Ich bin sicher, die guten Wünsche und die Fürbitte vieler Gemeindeglieder und Gottes Segen werden sie begleiten. Amen.
Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.