Verabschiedung von Jost Wejwer
als Gemeindediakon
im Gottesdienst am Samstag, den 15. Februar 2003
in der Kreuzkirche in Freiburg

15.02.2003
Lieber Herr Wejwer,

nun haben wir sie also wirklich nicht halten können. Doch unter allen, die es noch gar nicht wirklich realisiert haben, dass sie am 1. März eine neue Stelle als Gemeindediakon antreten, sind sie der erste. Sie haben alle Aufgaben immer aus der Lust und der Erfordernis an der Arbeit in der konkret gegebenen Situation heraus gestaltet. Und solange sie hier sind, sind sie ganz hier. Und wenn sie dann wirklich weg sind, werden sie in der ihnen eigenen Art weg sein.

In dieser ihnen eigenen Art sind sie ein bemerkenswerter Vertreter nicht nur ihrer eigenen Möglichkeiten - nein, auch ihrer Berufsgruppe. Die Chancen und Möglichkeiten ihres Berufes als Gemeindediakon haben sie hier in Freiburg in positiver Weise genutzt. Und ich bin sicher, sie werden das auch künftig so tun.

In ihnen sind strategisches Denken ebenso verankert wie der Blick auf das in der momentanen Situation Nötige. Ihre Position vertreten sie mit Beharrlichkeit und - wenn's denn sein muss - durchaus streitbar. Gemeindediakon zu sein ist bei ihnen Berufung und Leidenschaft zugleich. In dieser Mischung sind sie kaum zu bremsen und in dem, was und wo sie arbeiten, allemal ein Gewinn.

In guter Erinnerung habe ich, dass sie über die Gemeinde hinaus immer auch die Vernetzung im Quartier im Blick hatten. Und dies nicht nur in Konzeptionspapieren, sondern vor allem im direkten Einsatz. In Erinnerung habe ich, dass sie ein schwieriges Umfeld nicht als Bedrohung, sondern als Herausforderung betrachten. Und dass Sie die Fürsorge für die Alltäglichkeiten des Lebens mit der für die Seele in Verbindung zu bringen versuchen. Die Pizza religiosa ist dafür nur ein gelungenes Beispiel.

Wenn sie nun die Kreuzgemeinde verlassen, dann ist es die Gemeinde ihrer ersten beruflichen Liebe, wenn ich das so sagen darf. Dies wird nirgendwo anders mehr so sein. Und darum hat diese Kreuzgemeinde in ihrer Lebensgeschichte einen ganz besonderen Platz. Und es wird mehr bleiben als nur die Erinnerung an nicht immer leichte, aber allemal schöne Jahre.

Nun brechen sie zumindest beruflich ihre Zelt hier erst einmal ab. Privat bleiben sie dieser Stadt je erst einmal erhalten. Zu denen, die sie aus ihrer bisherigen Aufgabe verabschieden, gehört auch der Evangelische Kirchenbezirk. Darum bin ich auch hier. Der Kirchenbezirk war für sie gewiss mehr als nur eine vernachlässigbare strukturelle Größe. Im Kirchenbezirk waren sie in die Gemeinschaft ihrer Kolleginnen und Kollegen eingebunden. Im Kirchenbezirk haben sie zusammen mit Frau Schöne die Verantwortung für die Kindergottesdienstarbeit wahrgenommen. Im Auftrag des Kirchenbezirks haben sie die Aufgabe der Camping-Kirche gestaltet. Der Kirchenbezirk ist auch die zuständige Adresse, wenn sich die Frage danach stellt, was denn nun aus ihrer Stelle wird, wenn sie weggehen. Und er einmal mehr mit leeren Händen dasteht.

Heute bleibt mir, ihnen einfach danke zu sagen. Und der beste Dank besteht für sie - da bin ich sicher - erst einmal darin, dass diejenigen, mit denen sie gearbeitet haben, erst einmal ohne sie weiterarbeiten. Wenn nicht alles zusammenbricht. Sie versuchen, Menschen auf die Beine zu helfen. Und sie zum eigenständigen Handeln zu motivieren. Darum hinterlassen wie zwar eine Lücke. Aber eben keine Vakuum. Dies ist ein Gütesiegel ihrer Arbeit. Und eben allemal Grund zur Dankbarkeit.

Der Predigttext für den morgigen Sonntag passt gut zu der Art, wie sie ihren Einsatz verstehen. Es ist morgen das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg. Jenes Gleichnis, das unserem Empfinden so sehr widerspricht, weil es eben aus letzten erste macht.
Aus letzten erste machen, das habe sie versucht. Bei den Kindern und Jugendlichen. In der Schule und in der Gemeinde. Bei Campingurlaubern und bei denen, die unter den beruflichen Lasten gelitten haben.

Aus letzten erste machen. In seiner Endgültigkeit ist es Gott vorbehalten. Aber im zeichenhaften Dienst uns allen auferlegt. Gott ha's ihnen hier gelingen lassen. Und er wird auch in Friesenheim und in Diersburg seinen Segen darauf legen. Amen.
Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.