Verabschiedung von Pfarrer Jens-Uwe Zirbel in Tiengen

10.07.2005
Lieber Herr Zirbel,

nach 13 Jahren Dienst als Pfarrer in Tiengen werden sie heute verabschiedet. Zumindest was den dienstlichen Teil angeht. Denn aus Termingründen wurde ihre Verabschiedung ja auf zwei Termine aufgeteilt. Heute verabschiedet sich der Kirchenbezirk und der Nachbarkollege. In zwei Wochen folgt dann der Abschied zweite Teil. Dann werden sie von der Gemeinde, vom Kirchengemeinderat und von vielen anderen verabschiedet werden. Und sicher auch selber mit bewegten Worten „Auf Wiedersehen“ sagen.

Der Wechsel eines Pfarrers muss immer von zwei Seiten betrachtet. Zum einen greift er natürlich massiv in den persönlichen Lebensweg des Wechselnden und in den seiner Familie ein. Zum anderen hat er auch spürbare Auswirkungen auf die Gemeinde, in der der Pfarrer bisher gearbeitet hat. Zu beiden Seiten der Betroffenheit möchte ich etwas sagen.

Zunächst zu ihnen persönlich: Nach 13 Jahren ist ein Wechsel eigentlich keine Überraschung, sondern eher Zeugnis der Normalität einer Pfarrerslaufbahn. Denn schon nach 12 Jahren wird man vom Evangelischen Oberkirchenrat im Blick auf einen Stellenwechsel beraten. Und doch löst ein solcher Wechsel immer wieder Betoffenheit aus. Und er fällt keineswegs leicht. In 13 Jahren schlägt man Wurzeln. In 13 Jahren hinterlässt man Spuren. In 13 Jahren hat man viel gesät. Und auch manches geerntet.

Sie alle wissen als Gemeinde viel besser als ich, welche Felder Herr Zirbel bestellt hat. In seinen Gottesdiensten. In Schule und Konfirmandenunterricht. Im Aufbau der Jugendarbeit. In Taufen, Trauungen und Beerdigungen. In unzähligen seelsorgerlichen Gesprächen. In der Begegnung mit den Vereinen. Aber auch in baulichen Veränderungen. Die Menschen werden sich gewiss noch lange erinnern, dass während ihrer Zeit, lieber Herr Zirbel, der Umbau des Gemeindesaales erfolgt ist.

Es gehört zum Wesen der Arbeit eines Pfarrers, dass viele noch ernten können, wenn sie längst nicht mehr hier leben und arbeiten. Und ich bin sicher: Die Erinnerung an ihre Zeit hier; die Erinnerung an ihren Einsatz und – nicht zu vergessen! - den ihrer Frau wird vor allem von Dankbarkeit gekennzeichnet sein. Sie waren als Pfarrer und als Pfarr-Familie geachtet und geschätzt. Die Tiengener wissen und wussten, was sie an ihnen hatten.

Deshalb will ich den Blick nun auch von ihnen zur Gemeinde hin lenken. Pfarrer prägen eine Gemeinde, zumal dann, wenn sie mehr als ein Jahrzehnt in einer Gemeinde arbeiten. Für viele ist in diesen Jahren ist die Erfahrung mit der evangelischen Kirche untrennbar mit ihnen verbunden gewesen. Sie waren gewissermaßen so etwas wie der erste Repräsentant der Kirche vor Ort. In zwei Wochen werden sie dazu sicher einiges zu hören bekommen. Und an Lob ertragen müssen.

Kein Wunder, wenn bei ihrem Wechsel also auch Trauer mitschwingt. Vertrautes wird sich ändern. Und das ist viel viel mehr als der Name am Türschild des Pfarrhauses.

Ein anderer - oder eine andere – wird die Worte in anderer Weise wählen. Und wird den Arbeitsschwerpunkt auch anders setzen. Aber ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin hat dennoch dasselbe Thema: nämlich das Thema und den Auftrag der Weitergabe der Guten Nachricht von der Menschenfreundlichkeit Gottes.

Der Wochenspruch für diese heute beginnende Woche bringt das, worum es in der Arbeit eines Pfarrers geht, sehr anschaulich und in sehr schönen Worten zum Ausdruck. Da heißt es also in Epheser 2,19:

seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge,
sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.


Dies war das Thema ihrer Arbeit als Pfarrer hier in Tiengen und Munzingen. Diese schöne Aufgabe bleibt. Hier vor Ort in der Gemeinde. Und an ihrer neuen Wirkungsstätte als Schuldekan im Kirchenbezirk Villingen. Gerade für die jungen Menschen, die noch eine weite Strecke des Lebens vor sich haben, müssen wir immer wieder auf’s Neue Wege ersinnen, um ihnen zu sagen: Ihr gehört dazu! In diese Welt, die immer schwerer zu verstehe ist. In eure Kirche, die euch braucht. Und in der ihr Heimat finden sollt: mit euren Fragen. Mit euren Sehnsüchten. Und mit euren Themen.

Sie wechseln im neuen Schuljahr als Schuldekan nach Villingen. Zumindest übergangsweise kommt einer nach, der das schon hinter sich hat. Der schon Schuldekan in Villingen war. Ich bin sehr froh, dass wir mit dem Schuldekan in Ruhe Rainer Schmidt einen engagierten und offenen Vakanzverwalter gefundnen haben. Und ich ebenso froh und dankbar, dass sich in die Reihe derer, die bereit sind, sich während der Vakanz hier helfend mit einzubringen, auch ihr früherer Pfarrer und mein Vorgänger im Dekansamt, Ernst Weißer einreihen will.

Insofern braucht ihnen allen vor der Vakanz nicht bange zu sein. Es wird zwar ein Zeit ohne eigenen Gemeindepfarrer werden, aber sicher keine pfarrerlose Zeit. Ich bin sicher: das Steuer des Gemeindeschiffs ist bei ihren Kirchengemeinderat in guten Händen. Und schon gar in den Händen dessen, der uns einlädt, seine Hausgenossen zu sein. Denn noch einmal:

seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge,
sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.


Auch wenn sie gehen, lieber Herr Zirbel und liebe Frau Zirbel, sie bleiben daheim und mit ihrer alten Gemeinde hier in Tiengen und Munzingen verbunden. Im Kommen, im Bleiben und im Gehen – stets gilt: Wir gehören alle zur großen Familie Gottes. Amen.

Gebet
Liebe Gemeinde, wir wollen für ihren scheidenden Pfarrer und für seine Familie, aber auch für ihre Gemeinde beten:

Guter Gott, du begleitest uns auf unseren Wegen mit deinem Segen. Darum bitten wir dich heute besonders Pfarrer Jens-Uwe Zirbel. An diesen Sonntagen im Juli 2005 nimmt er Abschied von seiner Gemeinde, in der du ihn über 13 Jahre hindurch hast segensreich arbeiten und wirken lassen. Dafür sind wir von Herzen dankbar.

Nun stellst Du seine Füße an anderen Orten auf weiten Raum und lässt ihn neue Wege gehen. Begleite ihn und seine Frau und seine Kinder auch in Zukunft mit deinem Geist der Zuwendung und der Freundlichkeit. Lass ihn Freude und Erfüllung auch in seinen neuen Aufgabe als Schuldekan in Villingen finden. Wir bitten dich, dass die Früchte seiner Arbeit hier und dort zu einem Segen werden für die Menschen, mit denen er in deiner großen Familie begegnet und zusammenarbeitet.

Zugleich bitten wir dich für diese Gemeinde hier in Tiengen und in Munzingen. Lass auch hier aus deiner schöpferischen Kraft heraus weiter Neues wachsen und entstehen. Stärke das Vertrauen, dass wir im Glauben an dich hier am Ort und weltweit miteinander verbunden bleiben, um deinen Segen zu erfahren und weiterzugeben. Amen.

Segen
Gott, der Schöpfer und der Bewahrer allen Lebens hat euch bisher geleitet. Er halte auch in Zukunft seine Hand über dich/euch und begleite dich/euch und die deinen/euren – in allen Tagen, die vor euch liegen

Abschluss
So segne und behüte dich/euch Gott, der gnädige und der barmherzige, Vater, Sohn und heiliger Geist. Amen.
Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.