KLARTEXT zum Sonntag Sexagesimae

07.02.2021

Die aber an dem Weg, das sind die, die es hören; danach kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihrem Herzen, damit sie nicht glauben und selig werden.

(Lukas 8,12)

 

Eine kleine Kirchensoziologie in Gestalt eines Gleichnisses! Eine Mitgliedschaftsstudie, die es wagt, Aussagen über Intensität und Dauer der eingegangenen Kirchenbindung zu machen. Da gibt es Skeptiker und Randsiedler. Da gibt es die Hochverbundenen, die der Kirche die Treue halten. Selbst dann tun sie das, wenn ihnen so Manches Mühe macht, was sie da lesen und hören. Ohne sie, wären wir längst zu einer vernachlässigbaren Mindergibt geschrumpft. Da gibt es die Feurigen, deren Eifer erlischt, sobald die Zugehörigkeit etwas kostet – finanziell oder in Form von Engagement. Da gibt es Gäste auf Zeit, die zeitlebens Suchende bleiben und sich mal hier, mal da niederlassen. Und es gib die Skeptiker und Randsiedler, die lieber immer neue Fragen loswerden, als sich von den Antworte der Tradition zufrieden stellen zu lassen. Ihnen fühle ich mich besonders verbunden. Meine jedes Mal neu in Frage gestellten Antwortversuche werden zum Lernfeld meines eigenen Glaubens. Im Gespräch mit ihnen über ich mich darin, meinen eigenen Glauben in Worte zu fassen. Und alles, was über Jahrhunderte so gut geordnet und festgelegt zu sein scheint, durch das Sieb der erneuten Prüfung fallen zu lassen, immer wieder sogar der Verwerfung anheim zu geben und alles noch einmal neu durchzubuchstabieren.

Den Christen im Umfeld des Lukas mag dieses ewige in Frage stellen noch als Werk des Teufels erschienen sein. Schließlich war das Gebilde der gerade entstehenden Kirche noch höchst fragil. Konsolidierung, so dachte man womöglich, braucht die Überzeugungstäter. Heute scheint mir anderes vonnöten. Wenn wir nur mit dem argumentieren, was den Altvorderen über die Runden ihres Lebens geholfen hat, gehen uns womöglich die verloren, auf die Kirche von morgen nicht verzichten kann. Nein, den Teufel sehe ich hier eher nicht am Werk. Womöglich kommt uns der Herr der Kirche hier nur überraschend anders entgegen.

Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.