Wort zum Tag (SWR2) am 3. Dezember 2022

03.12.2022

Ich war schon überrascht. Unter meiner Geburtstagspost befand sich auch der  Gruß eines Arztes, bei dem ich in Behandlung bin. Eine schöne Kunstkarte. Der Text handschriftlich geschrieben. „Ich wünsche ihnen alles Gute, vor allem Gesundheit! Wenn ich etwas dazu beitragen kann, tue ich das gerne!“

Er hat ja recht, habe ich gedacht. Ich bin wirklich längst überfällig mit dem nächsten Termin. Ehrlich gesagt: Ohne den freundlichen Gruß hätte ich mich vermutlich immer noch nicht auf den Weg in die Praxis gemacht. Der persönliche, handgeschriebene Gruß, hat mir gutgetan. Der Arzt, so habe ich gedacht, hatte mich in dem Moment im Blick. Und er hat mir auch eine klare Botschaft gesendet. Nicht ohne Erfolg!

In diesen Tagen geht mir diese Erfahrung wieder durch den Kopf. In den Wochen vor Weihnachten wird traditionell viel Post verschickt. Werbung, die mir Dinge anpreist, die sich als Geschenk eignen. Oder die ich angeblich unbedingt brauche. Organisationen, die gleich noch eine Zahlkarte mitschicken.

Ich verschicke auch gerne Post. Und ich freue mich über die, die ich selber erhalte. Am meisten freue ich mich über Grüße, die mich persönlich ansprechen. Mit ein paar handschriftlichen Sätzen, bei denen ich spüre, sie sollen mir guttun. Solche Grüße versende ich auch selber gern. Noch ganz traditionell. Mit Füller geschrieben. Mit einer Briefmarke auf dem Umschlag in den Briefkasten gesteckt. Aus eigener Erfahrung weiß ich: Solche Briefe verfehlen ihre Wirkung nicht. Briefe können die Welt verändern. In der Bibel finden sich gleich eine ganze Reihe von Briefen. Interessant zu lesen bis heute. Der fleißigste Briefschreiber ist Paulus. Er musste noch ohne Computer auskommen. Dafür hat er anderen diktiert, die schneller und besser schreiben konnten als er. Aber manchmal fügt er am Ende noch seinen eigenen handschriftlichen Gruß hinzu. „Schaut! Dies schreibe ich, Paulus, mit eigener Hand.“ (Galater 6,11)

Ich möchte sie verlocken, in dieser Vorweihnachtszeit ein paar Briefe zu schreiben. Oder mindestens ein paar Kartengrüße zu versenden, ehe dafür dann wieder keine Zeit mehr bleibt. Vor allem mit eigener Hand. Vielleicht an jemandem, mit dem sie lange nicht mehr in Kontakt gewesen sind. Oder an jemanden, bei dem sie wissen, der oder die freut sich ganz besonders darüber. Weil sonst kaum jemand anders schreibt. Packen Sie ruhig auch eine Botschaft hinein. So wie mein Arzt. Bei mir hat’s ja auch geholfen.

Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.