22.08.2022

sommer 1: auszeit

einmal
dem gang der dinge
nicht widersprechen

nein
nicht mit
dem strom schwimmen
aber
ruhig einmal
anderen
die last der welt
auf die schulter legen

einen moment lang
die zukunft
vorwegnehmen
die großen hindernisse
auf dem weg
ins glück
schrumpfen sehen
bis übrig bleibt
was mir
erträglich scheint

aufatmen
und
aufrechten ganges
mit einem lachen
im gesicht
dem gegenwind
die stirn bieten

vergeblich
suchen
die widersacher
meinen ort

  

sommer 2: konjunktiv

angenommen
mein leben
verlöre seinen glanz
und
ich bliebe
in mir verschlossen
dann hieße
das doch
ich hätte
gar keine
andere wahl
als auf dich
zu setzen

auf der
brücke
unsichtbar
ausgespannt
zwischen
dir und mir
wäre es doch
ein leichtes
auch
schwere lasten
herzenszugewandt
hinüberzutragen

längst doch
will ich
den abstand
zu dir
aufgeben

   

sommer 3: überraschung

fast
hätte ich
übersehen
dass der weg
meine füße
auf steinigem grund
über unscheinbare
goldkörner
der glückseligkeit
führt

fast
hätte ich
überhört,
dass der gesang
der vögel
und
das rauschen
der bäume
vergessene liebeslieder
zu gehör
bringen

fast
wäre mir
entgangen
welcher glanz
von mir
ausgeht
wäre er
mir nicht
aus deinem gesicht
wie ein widerschein
entgegengeleuchtet

  

sommer 4: glück

einfach
vor die füße
gelegt
war mir
worüber
ich
nicht
hinweggehen konnte

ich hätte
anders
nicht
handeln können
ohne mich
dabei
zu verlieren
im strudel
meines
eigenen selbst

im loslassen
dessen
was mir
lieb ist
gewinne ich
was mir
fehlt
was für
ein glück
für dich
nicht nur
auch
für mich

sommer 5: rhythmus

dass
das leben
für mich
nicht alles
zu jeder zeit
im angebot
haben muss
was
für ein
segen

nicht nötig
einfach nur
im fluss
der zeit
mitzuschwimmen

ich kann
einhalten
innehalten
aushalten
den augenblick
in mich
aufsaugen
ihm gewicht geben
kann anderes
einfach
sein lassen

wie
in einem
luftigen netz
berge
ich mich
im tun
und lassen

sommer 6: einsicht

wer
bin ich
anzunehmen
ich sei
was ich bin
nur aus
eigener kraft

wer
bist du
dass mir
entgeht
ein ums andere mal
welch große
hoffnung
du
in mich
setzt

wer ist
ist
ein mensch
nur
weil andere
ihm
zu begreifen
geben
wie sehr
sich
jeder mensch
dir
verdankt

 

sommer 7: geschichte

ein kleiner
schritt
für einen
menschen
heißt es
sei
ein großer
schritt
für die
menschheit

ein kleines
nein
gegen
die machthaber
des bösen
sei
für die
zukunft
so glaube ich
ein manifest
des unverzichtbaren
widerstehens

ein kleines
ja
voller mut
sei
für die welt
so hoffe ich
der beginn
des bunten
vielklangs
des lebens

in
meinem kleinen
sein
findet
der himmel
wurzelgrund
hier
mitten auf
der erde

Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.