Spiritueller Impuls am Beginn des Gesundheitskongresses 2022 „gesund arbeiten“ am 28. September 2022

29.09.2022

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Gesundheitskongresses!

5G ist der aktuell schnellste Standard im Mobilfunk. Die 5. Generation überträgt große Datenmengen in Sekundenbruchteilen. Schwindlig könnte mir werden, wenn ich an diese Geschwindigkeiten denke. Schwindlig wird mir - und womöglich nicht wenigen von Ihnen auch - angesichts der Geschwindigkeiten, mit denen wir arbeiten.

Zur spirituellen Entschleunigung möchte ich sie am Beginn dieses Gesundheitskongresses einladen. Um gesund zu bleiben. Um den Perspektivwechsel zu wagen. Um anderen Kräften zu vertrauen, andere Quellen anzuzapfen als diejenigen, die ich immer erst selber füllen muss.

Ein spiritueller Impuls, der im 5G-Format daherkommt. Und doch ganz anders als wenn’s um Datenvolumina geht.

5G – fünfmal G also am Anfang. Worauf kommt es an bei diesem Blick über den Horizont des Gewohnten und Vertrauten hinaus? Wie kann ich selber dazu beitragen, meiner Seele etwas Gutes zu tun – mitten im Hochgeschwindigkeitstaumel, in dem wir leben? Fünf kleine Impulse, die dabei helfen können, spirituell festen und doch leichten Boden unter den Füßen zu haben:

 

5G – 1. Impuls: Dem Alltag Glanz verleihen

Irgendwo regnet es immer. Das ist auch auf dem Bild zu entdecken. Aber trotzdem liegt unübersehbar ein Glanz auf dieser eher tristen meteorologischen Konstellation. Die Erfahrung von Glanz – mitten im Alltag.

Der Begriff Alltag klingt ja nicht gerade verlockend und inspirierend. Da steckt in meiner Vorstellung auch etwas drin von Langeweile und von Routinen. Im Alltag gibt’s nichts Neues? Dann sorgen Sie halt selber dafür. Verleihen Sie Ihrem Alltag Glanz! Machen Sie das Kleine in Ihrem Leben groß. Feiern Sie - für sich oder mit anderen - , wenn Ihnen etwas Schönes widerfahren ist. Wenn Sie sich etwas erstanden haben. Wenn Sie eine schöne Begegnung hatten. Wenn sich liebe Mitmenschen zum Besuch ankündigen.

Man muss die Feste feiern wie Sie fallen, sagt das Sprichwort nicht ohne Grund. Und manchmal reichen da einfach schon ganz kleine Hilfsmittel. Kleidung, Musik, Essen, eine Kerze, ein Glas Sekt oder Wein – und schon sieht manches ganz anders aus.

 

5G – 2. Impuls: Meine Glücksgeschichte identifizieren

Über das Glück habe ich schon viel nachgedacht. Und viel nachgelesen. Mein Erkenntnisgewinn: In meinem Leben gibt es nicht nur Geschichten. Mein Leben ist eine Geschichte. Wenn ich mein Leben verstehen will, muss ich ergründen, um was für eine Geschichte es sich beim Blick auf das Ganze meines Lebens handelt. Mit einem derzeit viel strapazierten Begriff ausgedrückt: Mein Leben braucht ein Narrativ. Mein ganzer Weg von der Kindheit bis heute steht unter einer Überschrift. Meist ist es nicht die vom Tellerwäscher zum Millionär. Aber auch nicht die des glücklosen Sisyphos, der seinen Stein immer neu nach oben rollen muss, ehe er von Neuem wieder hinunterrollt.

Sie werden staunen! Ihre Lebensgeschichte hat das Zeug zum Beststeller.

 

5G – 3. Impuls: Gemeinschaft inszenieren

Familientreffen! Drei Generationen sind hier versammelt. Dabei sind die Beziehungsmuster dieser Menschen durchaus sehr unterschiedlich. Konfliktreich und streitbar. Herzlich und beinahe unzertrennlich. Aber eben doch in einer Gemeinschaft verbunden.

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Einsamkeit und Vereinzelung sind für jeden Menschen Gift. Gerade in den Kontaktbeschränkungen während der Hochphase der Pandemie war das sicher nicht nur meine Erfahrung. Es ist wichtig, mit anderen Menschen den Kontakt zu halten. Mit solchen, die mir guttun. Aber womöglich auch mit denen, die mich herausfordern. Die mich Energie kosten.

Das Thema Gemeinschaft war aber nicht nur eines unter den Bedingungen von Corona. Es ist eines auch in der Gegenwart. Freundschaften zu pflegen, die Nachbarschaft, an alte Beziehungen wieder anzuknüpfen, schnell mal eine WhatsApp-Nachricht versenden. Oder - ganz old fashioned - einen Brief schreiben. Manchmal muss ich dann eben auch über meinen Schatten springen. Meinen Stolz überwinden. Ja auch mal eine frühere Beziehungsstörung vergeben und vergessen. Doch an Beziehungen zu arbeiten ist allemal besser als allein zu bleiben.

5G – 4. Impuls – Gewissheiten suchen

Einmal bin ich ihr ganz nah gewesen. Da ist sie mit ihrer Karosse direkt an mir vorbeigefahren, die Queen. Im Jahre 2004. Eben ist sie nach 70 Jahren im Amt bestattet worden.

Die Queen steht für Gewissheit und Verlässlichkeit. Für klare und bleibende Strukturen in einer unübersichtlichen Welt.

Mein Leben braucht Gewissheit und Verlässlichkeit. Mein Leben braucht Struktur. Meist sind es kleine Rituale, die zu einer solchen Struktur hilfreich beitragen können. Schon das Aufsteh-Ritual gibt dem Tag eine bestimmte Richtung. Bestimmte Wege, die ich immer wieder gehe. Hilfreiche Rituale können auch spiritueller, religiöser Natur sein. Ein Buch mit Mutmach-Texten lesen. Für jeden Tag einen kleinen Impuls, auch das gibt Halt und Struktur.

Um lebendig zu bleiben, braucht es aber auch Veränderung. Ich achte auf bestimmte Abläufe meines Lebens, die ich ändern will. Ich ändere etwas in der Wohnung. Ich höre mir eine Komposition an, die ich noch nie gehört habe. Ich lese einmal eine andere Zeitung. Und – was für ein Wunder! Im Neuen werde ich in meinen Gewissheiten gestärkt. Es lohnt sich, sich gerade darüber einmal mit anderen Menschen über deren Erfahrungen auszutauschen.

 

5G – 5. Impuls: Glauben riskieren

Eine kleine Stadt – in sich zusammengestürzt. Und doch hält sie stand. Versinkt nicht im Wasser. Sie wird gehalten. Von unsichtbaren Kräften.

Meine eigene Erfahrung ist das. Und nicht nur meine. Leben hält nicht einfach selber, von sich aus, stand. Schließlich bin ich nicht der Mensch, der alles in der Hand hat. Und der Alltag, mein tägliches Klein-Klein spielen sich nicht immer im Vorgarten des Paradieses ab. Mein Leben ist nicht immer schon Zeichen des hereinbrechenden Reiches Gottes. Aber drei Sätze kann ich schon ins Leben ziehen

(a) Jeder Mensch ist etwas Besonderes. Anders Jeder Mensch ist ein individuelles Geschöpf. Jeder Mensch ist liebenswert. Hat Anspruch darauf, nicht kaputt zu gehen. Nicht durch sich selbst. Schon gar nicht durch andere.

(b) Dazu kommt der zweite Satz. Der lautet: Jeder Mensch hat gute Aussichten! – mit Worten von Oscar Wilde. Anders gesagt: Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende. Das Beste haben wir allemal noch vor uns. Mein Glauben bestärkt mich darin.

(c) Und ein Drittes: Das Vertrauen darauf, dass das, was ich vor Augen habe, das was ich berühren kann, nicht alles ist – dieses Vertrauen lohnt sich. Glauben – in aller Offenheit der möglichen Spielarten – der Weite der Religionen. Der Weite möglicher Vorstellungen von Gott – mein Glauben lohnt sich. Und Sie können sich sogar gesund glauben. Dazu gibt es sogar Studien. Es ist entspricht aber auch meiner Erfahrung.

Glauben Sie sich gesund. Das ist nicht einfach nur daher gesagt. Oder daher gewünscht. Es ist ein erster Schritt auf dem Weg zur Erkenntnis: Der Himmel findet sich schon hier - mitten im Leben! – Haben Sie Acht auf sich. Und glauben Sie sich ruhig gesund! Mit 5G – aber ganz langsam!

Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.