Wort zum Tag (SWR 2)

13.01.2023

Ich tue mich jedes Jahr von Neuem schwer, die weihnachtlich geprägten Tage hinter mir zu lassen. In unserer Tradition dauert die Weihnachtszeit eigentlich bis zum 2. Februar. Aber kaum jemand hält so lange daran fest. Meistens werden die ausgedienten Weihnachtsbäume ohnedies gleich in den ersten Tagen des neuen Jahres abgeholt. Und spätestens am 6. Januar ist dann endgültig Schluss. Nicht so in Skandinavien.

Dort endet Weihnachten am 13. Januar. Also heute.  für diesen Termin verantwortlich ist Knut IV., König von Dänemark. Im 11. Jahrhundert hat er gelebt. Ob Knut  wirklich entschieden hat, dass die Weihnachtszeit genau zwanzig Tage dauern soll, also bis zum 13. Januar, weiß niemand mehr so recht. Aber dieser Tag, knapp drei Wochen nach Weihnachten trägt in Skandinavien seinen Namen. Sankt Knuts Tag.

An diesem Tag können die Kinder die letzten Süßigkeiten verzehren, die am Baum noch hängen geblieben sind. Dann ist es endgültig um den Baum geschehen. Aber König Knut ging‘s nicht um Bäume, die aus dem Fenster geworfen werden. Sein Ziel war nicht, die Weihnachtszeit möglichst spektakulär zu beenden. Er wollte sie zunächst erst einmal verlängern.

Weil Weihnachten für ihn wie für mich  etwas so Grundsätzliches, etwas Elementares zum Ausdruck bringt: Gott und Mensch kommen nicht voneinander los. Eine Kleinigkeit reicht aus, um das ganz große Wunder wahrzunehmen. Ein Kind, wie vor drei Wochen, an Weihnachten. Eine Geste der Zuwendung oft schon, die eine angespannte Situation entschärft. „Das Wort ward Fleisch und hat unter und Wohnung genommen.“ (Johannes 1,14) Dieser Satz hat keine Halbwertszeit, die nur bis zum heutigen 13. Januar reicht. Er gilt das ganze Jahr über. Eine Konsequenz könnte tatsächlich sein, dass ich einiges loswerden muss, was der Einsicht widerspricht: Gott und Mensch gehören zusammen. Da könnte ich schon einiges entsorgen. Nicht nur den Christbaum. Im Grunde alles, was mich davon abhält, in meinen Mitmenschen auch die Nähe Gottes zu entdecken. Vielleicht sollten wir den Sankt-Knuts-Tag deshalb auch bei uns  einführen.

Traugott Schächtele
Twitter: @tschaechtele
Zeitgenosse, Pfarrer, Prälat, Ehemann, Vater von 5 erwachsenen Kindern, liest und schreibt gern.